
Es hätte ja alles so schön sein können. War es aber nicht. Wirklich nicht. Wir – will heißen Binja, Jorbolosch und ich, Sheila – waren zu Gast in A-Dorf (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen irdischen Schauspieler) und hatten vor, nach B-Stadt zu reisen. Keine Ahnung, was es da zu sehen gab, aber B-Stadt hörte sich gut an. Also gingen wir noch mal zum Markt und kauften ein. Ich erstand beim Gewürzhändler zwei Säckchen mit echt Maraskanischem Roten Pfeffer für schlappe 2 Dukaten und ertappte mich dabei, wie ich mich darüber wunderte, dass der Händler so merkwürdig grinste. Aber egal. Wir lernten auch noch eine nette Korbflechter-Familie kennen und durften auf deren Wagen mitfahren – die wollten auch nach B-Stadt.
Am Abend erreichten wir Burg und Schloss Kranick, wo gerade ein Fest zugange war, auf dem auch Fremde willkommen waren und wir feierten kräftig mit. Dem Baron vom Kranick, einem gewissen Adalbert, war ein Nachkomme geboren worden (naja, also nicht dem Baron, sondern eher seiner Frau, klar…), und daher wurde nun gefetet. Allerdings wollte der Herr Baron auch ein Gastgeschenk haben, und so bot ich ihm ein wenig von meinem Pfeffer an, den er dann auch sofort probierte. Nachdem die Wiederbelebungsversuche erfolgreich waren und der Herr Baron wieder sprechen konnte, wollte er gerne ein Säckchen kaufen. Klar, für 4 Dukaten war es sein, höhö, und ich bekam quasi sein letztes Geld, das er noch hatte. Naja, man gönnt sich ja sonst nix, oder? Wir konnten auch im Gesindehaus übernachten, war zwar nicht sonderlich komfortabel, aber dafür umsonst.
Am nächsten Morgen wurden wir von lautem Herumgebrülle und Hufgetrappel geweckt. Ungefähr 20 schwarzgekleidete Berittene, die vor Waffen nur so starrten und – erschreck – Hörnerhelme trugen, begehrten lautstark Einlass. Angeführt wurden sie von einem Hoschi in dunkelroter – blutroter !!! – Rüstung. Der Rote forderte vom Baron "Tribut", was immer er damit auch meinte. Und der Baron konnte "nicht bezahlen". Da regte sich mein schlechtes Gewissen, wirklich… Leider raubte der Rote dann das Neugeborene und stach die Frau Baronin ab. Na, da konnte ich ja nicht anders, als aus dem Gesindehaus stürmen und dem Roten die 4 Dukaten von gestern Abend vor die Füße werfen. Das heißt, ich hab's versucht … der Versuch endete damit, dass mich vier stinkende Schergen meiner Kleidung entledigten, die 4 Dukaten aus dem zerrissenen Mieder klauten und mich vergewaltigen wollten. Schweinebande, wirklich! Aber dann rauschten sie plötzlich ab, mit dem Baby. Jorbolosch rief ihnen noch ein unflätige Worte hinterher, aufgrund dessen die Schergen erst stutzten, und dann das halbe Dorf nebst Karren der netten Korbflechter-Familie abfackelten.
Da standen wir nun in unserem kurzen Hemd, das heißt, ich hatte eh keins mehr an. Mist. Aber wir wollten natürlich wissen, was da Sache war. Und der Baron erklärte: die Schergen gehörten zum Markverweser Reiherstolz, der seit kurzer Zeit unglaublich hohe Steuern mit Blut und Schwert eintrieb. Und der Graf von Bärenstein, der eigentlich über dem Markverweser stand, tat nix. Baron Adalbert hatte bereits schon mehrere Boten zum Grafen geschickt, aber nichts passierte. Also mussten diesmal eher … unauffällige Boten her. Und da wir eh in Richtung B-Stadt (wo der Graf wohnte) unterwegs waren …
Das einzige Problem auf der Reise war die Feste Reiherstolz, durch deren Örtchen die Straße nach B-Stadt führte, und wo der Markverweser mit seinen Schergen hauste. Sehr ekelhaft, wirklich. Nicht nur, dass am Rande der Stadt ein stinkender Sumpf-Morast-Schleim blubberte, nein, im Örtchen selber begrüßte uns zunächst ein Torbogen, an dem mehrere Leichen in unterschiedlichen Verwesungsstadien hingen. Sehr geschmackvoll. Bettelnde Kinder mit fehlenden Gliedmaßen und in einem wirklich skandalös verwahrlosten Zustand umringten uns zwecks Bettelei. Alles in allem – ein Örtchen für den Lebensabend, der hier scheinbar schneller kam, als man "Maraskan" sagen konnte.
Ich hatte mich als Mann verkleidet, und es wäre ja alles gut gegangen, wenn nicht der Trupp Schergen, der plötzlich um die Ecke der örtlichen Kneipe bog (an deren Wand der Wirt übrigens angenagelt war … ach ja, und die Zunge hatten sie ihm auch rausgeschnitten) den guten Jorbolosch als denjenigen erkannte, der auf Burg Kranick unflätige Worte hinterhergerufen hatte. In diesem Augenblick war es Essig mit der Tarnung…
Ich duckte mich in meiner Männerverkleidung auf dem Gaul, Binja ebenfalls, aber der Zwergel musste ja partout die Flucht ergreifen und losgallopieren. Typisch! Erst große Klappe und dann abhauen! Die Schergen natürlich hinterher ... und weil der Zwergel auf seinem komischen Pony nicht gerade der beste Reiter war und seitwärts von seinem Reittier rutschte, hatten sie ihn auch bald. Und für uns hieß es: mitgefangen, mitgehangen. Der Kerker von der Feste Reiherstolz war nicht ganz so die Unterkunft, wie ich sie mir vorstellte, denn er war dunkel, feucht, überbelegt und einfach nicht sonderlich komfortabel. Und Würmer gab's auch keine, dafür genügend Spinnen und Kellerasseln. Igitt! Ganze drei Tage musten wir dort ausharren, bis uns der Markverweser holen ließ.
Ich staunte nicht schlecht, als wir vor diesem ominösen Markverweser standen. Er war ein kleines, dummes, vorlautes Kind mit dem Verstand eines Goblins. Und er lud uns zu einer Jagd ein. Das Dumme daran war nur, dass wir das Wild waren, welches er mit seiner kleinen, aber gut geladenen Armbrust jagen wollte. Und der Scherge in der blutroten Rüstung stand die ganze Zeit in seiner Nähe und flüsterte ihm mysteriöse Dinge ins Ohr. In diesem Augenblick erkannte ich, dass der Rote Ritter der eigentliche Gegner war ...
Wir durften dann jedenfalls mit einem kurzen Vorsprung von der Feste "flüchten". Im Dorf - wo der Wirt immer noch angenagelt an der Kneipe hing und langsam vor sich hinverweste - orientierten wir uns zunächst in Richtung Wald. Doch die Verfolger kamen rasch näher. Plötzlich tauchten mehrere Spitzohren - vulgo: Elfen - auf, die uns "retten" wollten! Na, da sagt man - oder frau - ja nicht nein, oder? Die Elfen geleiteten uns dann zu einem Höhlensystem, wo wir auf den eigentlichen Markverweser trafen. Ein netter, junger Mann übrigens! Und der erzählte uns, was denn hier in diesem Gebiet eigentlich schief lief: er selber hatte während der Invasion des Endlosen Heerwurms an der Ostfront gekämpft und war erst vor wenigen Tagen zurückgekehrt. In der Zeit seiner Abwesenheit, hatte sein Bruder - dieser armbrustschwingende Gnom - die Geschäfte geführt, unterstützt und beraten von diesem Roten Ritter und seinen Schergen. Und dieser war die eigentliche treibende Kraft für die Grausamkeiten, die im Betreuungsgebiet des Markverwesers abliefen!
Aber der echte Markverweser hatte bereits Boten zum Grafen von Bärenstein geschickt und Hilfe angefordert. Wir mussten jetzt nur noch in die Burg eindringen, die Wachen überwältigen, die Bürger von Reiherstolz in den Schutz der Feste holen und die Mauern so lange verteidigen, bis die Hilfe vom Grafen eintraf. Also ein Kinderspiel, haha ...
Elfenwolf - 14. Sep, 16:53
Es war einmal in einer Welt, in der Drachen, Elfen und Zwerge lebten und die Menschen sich mit Orken schlugen und die Götter noch verehrten, eine Amazone, die sich mit ihren Abenteurer-Freunden in der Hauptstadt des Großen Reiches, Gareth genannt, niedergelassen hatte, um eine Taverne zu eröffnen.
Nach vielen Überlegungen trug dieser muntere Ort nun den Namen "Zum vergifteten Apfel", obwohl die Amazone dafür plädiert hatte, dass "Zum kaputten Schuh" ein viel freundlicherer Name sei, doch war sie nach langem hin und her überstimmt worden.
An einem kalten Winterabend im Monat Hesinde kam es nun dazu, dass besagte Amazone, deren Name Rondriane war, alleine mit den drei Schankblondinen ihren Dienst in der Gaststätte versah. Überraschenderweise waren viele Gäste da, Rondriane hätte 28 zählen können, wenn sie der Zahlen mächtig gewesen wäre. Dank ihrer schlechten Bildung hatte sie jedoch nur das unbestimmte Gefühl, dass der Schankraum diesmal schon ein bisschen voller sei als sonst und die Schankmaiden aus dem Bierausschenken gar nicht mehr herauskamen.
Vorne gleich ein paar Schritte linker Hand vom Tresen, hinter dem Rondriane mit amazonenhafter Sorgfalt Zinnbecher polierte, hatte sich eine kleine Menschentraube um einen Tisch gebildet. Zwei Zwerge waren dort im Halbkreis der Zuschauer zu sehen, die ein kleines Kästchen vor sich auf dem Tisch hatten. Der eine Zwerg schien alt, hatte er doch einen langen weißen Bart, der andere Zwerg dagegen schien jung zu sein, sein Bart war noch dunkel und bedeckte gerade einmal sein Kinn. 'Langbart und Kurzbart' dachte Rondriane und lächelte in sich hinein. Das Kästchen zwischen den beiden hatte inzwischen auch ihr Interesse erregt. Langbart öffnete es nämlich genau in diesem Moment und ein kleines Püppchen hob sich vom Grunde der Holzschatulle empor. Der alte Zwerg drehte eine Kurbel an der Seite und das Püppchen begann zu einer sehr blechernen, aber dennoch zauberhaften Musik zu tanzen.
Rondriane stellte Zinnbecher und Putzlappen ab und beugte sich leicht vor, um ein wenig mehr von dem hübschen Zierrat zu sehen, als der alte Zwerg seine runzelige Hand hob und 2 Bier und einen Eintopf bestellte.
"Kommt sofort!" rief Rondriane und zapfte vom Fass einen Krug Bier. Doch dass Fass schien fast leer zu sein, der Krug füllte sich mit Schaum. Sie überlegte kurz ob sie hier warten sollte, bis sich der Schaum gesetzt hätte, entschied sich jedoch dafür, erst einmal den Eintopf an den Tisch zu bringen. Auf dem Weg zur Küche ging sie an ihrem Schwert vorbei, das an der Wand hinter dem Tresen für jeden Gast gut sichtbar angebracht war. "Drachentöter" hatte ein Freund der Amazone darunter mit weisser Farbe angeschrieben. Der Eineinhalb-Händer glänzte eindrucksvoll im Licht der Gasthauslaternen. Ja, Rondriane nannte sich Drachentöterin und das mit Billigung des Kaiserhauses, denn von Reichsbehüterin Emer persönlich war ihr aus diesem Grunde sogar der Titel "Ehrenritterin von Gareth" verliehen worden. Aber das ist eine andere Geschichte.
Die "Ehrenritterin" schöpfte nun also in der Küche aus dem Kessel, der über dem schwach glimmenden Feuer hing, eine große Kelle Eintopf in eine Schale. Die Gaststätte war für ihre gr0ßen Portionen bekannt und so lud sie noch eine zweite Ladung dazu. Der Eintopf duftete herrlich, Weizen, Möhren, Hühnerfleisch und viele würzige Kräuter machten ihn zu einem deftigen Erlebnis. Selbst ein wenig von Sheilas maraskanischem Pfeffer war darin zu finden.
Mit Holzlöffel und dampfender Schale bewaffnet ging Rondriane an den Tisch der Zwerge, die beiden schienen nun in eine Fachsimpelei über das kleine mechanische Kunstwerk auf dem Tisch vertieft zu sein, die Menschentraube um sie herum hatte sich fast aufgelöst.
"Einmal der Eintopf", sagte sie und stellte schwungvoll den Napf vor Langbart ab. "Und das Bier?" Langbart schaute sie über seine knollige Zwergennase fragend an. "Ein gutes Bier..." setzte Rondriane grinsend an, "...braucht 7 Minuten!" vollendete Langbart lachend.
"Genau," nickte die Wirtin zufrieden und ging wieder zum Tresen zurück.
Inzwischen hatte ein thorwalscher Gast auf Bitten einer der Schankblondinen ein neues Bierfass aufgestellt, so dass Rondriane nun zu Ende zapfen konnte.
Als sie das Bier an den Tisch der Zwerge brachte, bestellte Kurzbart, ein selbst für einen Zwergen sehr kurzgewachsener Geselle, ebenfalls einen Eintopf und zwei Bier.
So ging der Abend dahin, Kurzbart versuchte noch einmal etwas Ärger zu machen, als es ums Bezahlen ging, Rondriane rechnete immer gerne sofort ab, vergass sie doch allzuschnell die Zahlen, die ihr die Schankmaiden zuflüsterten. Den Einwand des Zwerges, erst zu zahlen, wenn er die Gaststube verließe, konnte sie also nicht gelten lassen.
Später dann, die Zwerge waren die letzten Gäste und die Schankmaiden hatten sich auch schon verabschiedet, versuchten die beiden Rondriane zu überreden, in der Gaststube übernachten zu dürfen.
'Das fehlt auch noch,' dachte die Amazone und ihr Blick fiel auf Langbart, der sich genau in diesem Augenblick übergab - eines der Balihoer-Bärentod-Krüglein war anscheinden zu viel für ihn gewesen.
"Ihr schlaft hier nicht", sie schüttelte den Kopf, "besser ihr seht zu, dass ihr hier schnell verschwindet, denn jetzt darf ich auch noch die Kotze eures Freundes wegwischen." Kurzbart schien ein wenig verzweifelt und setzt gerade zu einer Erwiderung an, als die Tür der Gaststube aufflog und mit einem Schwall kalter Luft eine Horde von Bewaffneten in den Raum stürzte.
Die Amazone reagierte blitzschnell. "Holt die Garde!" rief sie Kurzbart zu, sprang mit einem kühnen Satz über den Tresen, riss ihr Schwert "Herzblut" von der Wand und lief zu Langbart hinüber, der sturzbetrunken neben seinem Erbrochenen saß und von der Bedrohung nichts mitzubekommen schien. Schützend stellte sich die Amazone mit erhobenem Schwert vor den Zwerg, der offensichtlich das Ziel der üblen Horde war. "Keinen Schritt weiter!" rief sie noch, da kam schon die erste Krummsäbelattacke. Rondriane war in ihrem Element, zwei Angreifer schlug sie rasch zu Boden, am Rande bekam sie mit, dass Kurzbart nicht, wie erwartet, die Garde gerufen hatte, sondern mühsam mit einer Peitsche versuchte, die Bewaffneten zu beeindrucken. Mit einer Peitsche! Sie hätte gelacht, wenn sie nicht so beschäftigt gewesen wäre.
Nur ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit und schon traf sie ein Schwerthieb an der rechten Hüfte, nur ein Kratzer, jedoch genug, um sie so abzulenken, dass einer der Halunken an ihr vorbeihuschen konnte. Verblüfft drehte Rondriane sich zu ihm um. Der Mann, ein großer, rothaariger Kämpe mit Augenklappe, schlug Langbarts Kopf mit einem Hieb von seinen Schultern.
Mit wenigen Sätzen hastete der Attentäter zur Tür, rief seine feigen Gefolgsleute zu sich und huschte hinaus in die feuchtkalte Nacht.
Rondrianes Augen blickten auf den Stumpf, aus dem noch ein paarmal fontänenartig das Blut schoss, bis das überraschte Herz sein Schlagen einstellte und der Zwerg seine Reise zu Boron antreten konnte. Der Kopf Langbarts lag zu seinen Füßen, dort, wo sich Blut mit Erbrochenem vermischte.
"Bei Rondra!" stieß die Amazone hervor, griff ihr Schwert fester und hetzte an Kurzbart vorbei, den Mördern hinterher. Doch diese waren längst mit den Schatten der Nacht verschmolzen, nichts als Finsternis war dort mehr zu erkennen. "Garde!" rief Rondriane in die Stadt hinaus. "Wir brauchen die Garde! Hier wurde jemand umgebracht!"
Die folgenden Stunden vergingen nur zäh. Die Garde war rasch da und das Geschehene liess sich schnell erzählen. Kurzbart, der sich nun als Jarbolosch vorstellte, und Rondriane widersprachen sich in der Darstellung des Abends nicht.
Der Raum wurde noch ein wenig kühler, als ein Borongeweihter mit seinen Gehilfen den "Vergifteten Apfel" betrat, um die Toten in den Tempel zu bringen.
Fast wurde es schon hell draussen, als Rondriane mit großem Schwung einen Wassereimer über den blutbesudelten Boden goss und den Unrat zur Tür hinausschwemmte.
"Und nun?" fragte sie Jarbolosch, den Zwerg ein wenig ratlos. "Ich muss auf jeden Fall den Mörder finden", antwortete er. "Diesen Rothaarigen, mit der Augenklappe. Hast du Zeit mir zu helfen?"
Rondriane musste nicht lange überlegen.
"Wohin soll es gehen?" fragte sie grinsend.
Jarbolosch grübelte. "Ich werde mich hier in der Stadt ein wenig umsehen. Gegen Mittag werde ich mich wieder hier melden."
Das war Rondriane nur recht, sie war müde und ein paar Stunden Schlaf würden ihr sicher nicht schaden. So verabredete man sich also zur Mittagszeit.
Da staunte Jarbolosch nicht übel, als Rondriane am Mittag in voller Brünne und mit poliertem Schwert auf ihn im "Vergifteten Apfel" wartete. Doch die Zeit drängte, der Zwerg hatte nämlich eine Menge zu berichten, der Vormittag war voller Informationen gewesen.
"Zuerst bin ich nur durch die Strassen gelaufen", erzählte er, "doch dann begann meine Wunde so zu schmerzen, dass ich beschloss einen Medicus aufzusuchen."
Und bei dem Medicus hatte er dann erfahren, dass dieser am Morgen einen rothaarigen Mann mit Augenklappe verbunden hatte. Einen Mann mit einer Axtwunde am rechten Oberarm. "Du hast ihn mit deiner Axt verletzt?" fragte Rondriane und konnte nicht verbergen, dass durchaus ein gewisser Respekt für den jungen Zwerg in ihrer Stimme mitschwang. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass er im Kampf die Waffen gewechselt hatte. Jarbolosch berichtete weiter: "Der Medicus sagte, der Mann wäre jetzt in südliche Richtung unterwegs."
Nach Ragath also - offensichtlich wollte der Spitzbube nach Xorlosch, dorthin nämlich, wo der Neffe von Langbart lebte, den Jarbolosch und Rondriane für den Auftraggeber hielten. War Langbart doch ein vermögender Mann, der bis zu 1000 Dukaten im Monat verdienen konnte mit all seinem feinmechanischen Zierrat, den er in den hohen Häusern des Reiches an den Mann oder die Frau brachte.
Rondriane erfuhr nun auch, dass Langbart Jarbolosch als seinen Lehrling hatte einstellen wollen und dieser nun leider die Funktion des Nachlassverwalters übernehmen müsse, damit die wertvollen Habseligkeiten des Meistermechanicus nicht in die falschen Hände gerieten.
"Wie auch immer, diese Mörder haben unseren Kneipenboden mit Blut befleckt, dafür werden sie von mir zur Rede gestellt!" Und mit diesem Entschluss, der mit blitzenden blauen Augen gesprochen wurde, war Rondriane nun bereit, nach Xorlosch, der geheimnisvollen Stadt der Zwerge aufzubrechen. Gemeinsam mit Jarbolosch, versteht sich.
Nachdem Jarbolosch sich am nächsten Morgen ein passables Pferd besorgt hatte, ritten die zwei durch die Stadt und am Südtor hinaus auf die Reichsstraße 2. Der Weg war hart und trocken vom Frost, so dass die Pferde gut ausholen konnten und die Beeinträchtigung durch den als Reiter unerfahrenen Zwerg gering blieb.
In einer Wegestation am Abend erfuhren Rondriane und ihr Begleiter, dass tatsächlich ein rothaariger Mann hier vor kurzem durchgekommen sei. Eine Frau in schwarzem Umhang mit geheimnisvollen silbernen Symbolen darauf und ein Zwerg hätten ihn begleitet.
Ein Zwerg! Der Verdacht, dass der Neffe Langbarts ein Erbschleicher sei, der seine Erbschaft mit der Hinrichtung seines Onkels ein wenig beschleunigt hatte, schien sich zu erhärten. Der Schuft machte sich nach getaner Arbeit offensichtlich auf den Weg, die Reichtümer seines Onkels nun für sich zu übernehmen.
"Dieser Neffe ist übrigens Hauptmann der Xorloscher Garde", klärte Jarbolosch Rondriane auf. Diese seufzte, das würde es nicht einfacher machen, den Halunken zu ergreifen.
Nach kurzer Rast brachen die ungleichen Reisenden dann wieder auf.
Schon bald erreichten sie das kleine Dörfchen Mühlhausen, einen jener typischen Orte, die nur aus einer Schmiede ein paar verstreuten Häusern und einer Gaststätte zu bestehen scheinen. Jarbolosch sprach einen Knaben an, der gerade über den Dorfplatz lief: "He Bursche, hast du vielleicht einen Reisenden hier durchkommen gesehen, mit rotem Haar und Augenklappe?"
Der Junge nickte.
"Und eine Magierin in seiner Begleitung, eine Frau mit dunklem Umhang und silbernen Symbolen darauf?"
Wieder nickte der Junge.
"Wann?"
"Gerade eben, sie sitzen dort drüben in der Gaststube meiner Mutter."
Zwerg und Amazone schauten sich an. Eine Fügung des Schicksals! Ein Geschenk der Götter!
Jetzt mussten sie beratschlagen, was zu tun sei. Jarbolosch gab dem Knaben einen Kreuzer Schweigegeld, damit dieser niemandem erzählen sollte, nach wem er gerade gefragt hatte.
Was tun? Die Tür beobachten, bis sich der Rothaarige mit seiner Bande wieder auf den Weg machte, schien ein guter Plan, jedoch tat sich lange Zeit nichts.
Nach einem weiteren kurzen Schwätzchen mit dem Knaben stellte sich dann heraus, dass die Magierin mit dem arkanen Gewand, seine Mutter war.
Die Verblüffung war groß.
Was konnte das bedeuten?
Fortsetzung folgt...
Nachtrabe - 14. Sep, 15:45